Donnerstag, 3. Februar 2022

Rezension zu "Mit dem Rücken zu Wand" von Hera Lind [Werbung/Rezensionsexemplar]

Erschienen bei: Diana 

ISBN: 978-3-453-29229-1

Erschienen am: 13.12.2021

Seiten: 496


Einzelband


Klappentext:


Sara ist alleinerziehende Mutter zweier Kinder. Als sie überraschend das Haus ihrer Großmutter erbt, könnte sie aufatmen, wäre da nicht ihr Vater im Nachbarhaus, der ihre Kindheit zur Hölle werden ließ. Er war gewalttätig. Gegen Sara und ihre Mutter. Jahre sind seitdem vergangen, und weil es finanziell eng ist, bezieht Sara mit ihrer Familie das Haus. Doch der Vater nebenan wird wieder zur Gefahr. Diesmal lässt Sara sich seine Attacken aber nicht mehr gefallen. Sie ist erwachsen. Und sie hat einen Plan ...


Meine Meinung:


Seit vergangenem Jahr bin ich ein großer Fan von Hera Linds Tatsachenromanen obwohl dies erst das dritte Buch war, welches ich in diesem Bereich gelesen habe. Ein Urteil beziehungsweise eine Bewertung des Buches, finde ich persönlich immer sehr schwer, dass es wie das Genre so schön sagt um eine tatsächliche Geschichte handelt, welche die Protagonistin meist so oder so ähnlich erlebt hat. In diesem Fall, hat die Protagonistin die Geschichte genau so erlebt, wie Hera Lind sie niedergeschrieben hat, da die Protagonistin keinerlei Abweichungen tolerierte, wie man dem Nachwort der Autorin entnehmen konnte. Dafür gebührt es der Protagonistin, welche übrigens Sara heißt, meinen tiefsten Respekt. Diese junge Frau, hat meiner Meinung nach einen unheimlichen Mut und ihr gebührt tiefster Respekt dafür, ihre Geschichte dem großen Publikum zur Verfügung zu stellen und fortan an noch mehr Menschen, als zuvor an ihrem Schicksal, teilnehmen zu lassen.

Mit schonungsloser Offenheit erschafft Frau Lind mit ihrem flüssigem Schreibstil Saras Welt, in die ich mich als Leser direkt reinversetzen konnte und mit Sara von Beginn an mitgelitten habe.

Trotz der enormen Brutalität und all dem Grauen welches Sara und auch ihrer Mutter widerfahren ist, konnte ich das Buch einfach nicht beiseite legen, nachdem ich einmal damit begonnen hatte. Dabei war die abwechselnde Erzählweise aus der Gegenwart sowie der Rückblick in die Vergangenheit meiner Meinung nach sehr gut gewählt und schaffte es dadurch den Spannungsbogen kontinuierlich hoch zu halten.

Mich persönlich packte das blanke Grauen zu lesen, wie viel Leid Sara und ihrer Mutter ertragen mussten und dabei zu wissen, dass jeder in dem kleinen Dorf in dem Sara mit ihren Eltern lebte, wusste was bei der Familie offensichtlich vor sich geht. Auch sehr realistisch ist es hier, meiner Meinung nach, beschrieben wie sehr die Nachbarn bemüht waren, all dieses Elend nicht zu sehen. Absichtlich wegsahen und es sehr gut verstanden sich ja nicht einzumischen um nicht selbst in diese Spirale zu kommen, welche Sara und ihre Mutter und im späteren Teil dann Sara alleine erlebte. Selbst nahestehende Personen, wie beispielsweise der spätere Lebenspartner von Sara verschloss meiner Meinung nach sehr gut die Augen vor dem Offensichtlichen. Genau dies könnte in diesem Buch die Botschaft sein. Wir Menschen sehen lieber weg um ja nicht selbst in „Gefahr“ zu geraten. Darüber hinaus ist dieses Thema meiner Meinung nach ein absolutes Tabuthema in unserer Gesellschaft und wer es versucht sich anzuvertrauen wird meist belächelt, nicht ernst genommen oder es wird einem gar nicht mal wirklich zugehört. Ich bin mir sicher, dass wir eine sehr hohe Dunkelziffer an häuslicher Gewalt in unserer unmittelbaren Umgebung haben ohne dass diese jemals zur Sprache kommt oder gar aufgedeckt wird. Gerade die vergangenen zwei Jahre im Zeichen von Corona haben gezeigt, unter welchen Umständen viele Frauen und Kinder zu Hause leben. Jedoch möchte ich damit aber nicht behaupten, dass nur Frauen und Kinder Opfer von häuslicher Gewalt sind. Auch Männer können ebenso betroffen sein und ich vermute, da ist die Dunkelziffer nochmal höher, weil der „starke“ Mann niemals Schwäche zeigen würde.

Auf Grund aktueller Statistiken bezüglich dieses Themas, kommt das Buch von Hera Lind meiner Meinung nach genau zu richtigen Zeit um dem Leser und auch der Gesellschaft zu zeige, dass es so nicht mehr weitergehen kann ja überhaupt gar nicht so weitergehen darf.

Grausam genug ist es, was Sara widerfahren ist, doch auch der Verlauf der Geschichte und das Sara sich traut, sich zu wehren machen zwar einerseits Mut, zeigt aber auch wie schnell dieses „sich wehren“ nach hinten los gehen kann und das eigentliche „Opfer“ plötzlich kein Opfer mehr ist. (An dieser Stelle würde ich gerne noch ausführlicher meine Gedanken zu schreiben, könnte dies aber nicht ohne zu Spoilern, was ich natürlich auch auf keinen Fall möchte)

Fazit:
Ein schockierender Tatsachenroman, der schonungslos und ohne Verschleierung das Leben der jungen Sara von ihrer Kindheit bis zu der Zeit als sie selbst schon Mutter ist und doch immer noch unter der Gewalttaten ihres Vaters leidet. Dieses Buch rüttelt wach und zeigt, so geht es einfach nicht weiter. Ein Buch, welches man meiner Meinung nach unbedingt lesen sollte.

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